Wie QAnon von Corona profitiert (2024)

"Eine unglaubliche Bedrohung" Wie QAnon von Corona profitiert

31.10.2020, 11:50 Uhr

Die QAnon-Bewegung verbreitet wirre Mythen, wonach die USA von Satanisten beherrscht werden. Die Corona-Pandemie spielt den Verschwörungstheoretikern in die Hände. Weltweit wächst die Zahl der Anhänger. Experten fürchten, dass die Bewegung das Vertrauen in die Medizin nachhaltig erschüttert.

Nicht nur das Coronavirus hat sich in den vergangenen Monaten über den ganzen Globus verbreitet. Befördert durch die Pandemie haben auch die Verschwörungsmythen der QAnon-Bewegung weltweit immer mehr Anhänger gefunden. Egal ob in Los Angeles, London, Berlin oder Melbourne - bei allen Demonstrationen gegen die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus ist das große Q, das Symbol der Bewegung, zu sehen.

Die Pandemie sei eine Verschwörung von Pädophilen, warnen die Demonstranten. Durch Impfungen und die 5G-Handytechnologie sollten die Menschen kontrolliert werden. Obwohl diese Behauptungen jeglicher Grundlage entbehren, ist die Zahl der Menschen, die ihnen Glauben schenken, seit März sprunghaft angestiegen.

"In mancher Hinsicht hat die Pandemie Verschwörungstheorien wie QAnon perfekt vorangebracht", sagt Mackenzie Hart, die für das Londoner Politikinstitut ISD zu Desinformation forscht. "Die Leute müssen nicht nur drinnen bleiben und verbringen mehr Zeit online, sondern sie haben auch Angst. Und wenn Menschen Angst haben, bieten Verschwörungstheorien einfache Antworten."

Die Beiträge mit Bezug zu QAnon auf den wichtigsten Online-Plattformen nahmen zwischen März und Juni explosionsartig zu, wie eine Analyse des ISD ergab. Also genau in der Zeit, als die Corona-Infektionen weltweit zunahmen und die Regierungen mit strengen Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverboten versuchten, der Ausbreitung Einhalt zu gebieten. Bei Facebook betrug der Zuwachs fast 175 Prozent, bei Instagram 77,1 Prozent und bei Twitter 63,7 Prozent.

Viele QAnon-Botschaften sind antisemitisch und rechtsradikal

Seinen Ursprung hat QAnon in den USA. Ein Nutzer mit dem Namen Q begann im Oktober 2017 in einem anonymen Internetforum kryptische Botschaften zu posten. Q behauptet, er sei Mitarbeiter des US-Geheimdienstes und habe Zugang zu geheimen Informationen. Seine Botschaften, genannt "Q-Drops", wurden dann von seinen Anhängern in den herkömmlichen Online-Medien diskutiert und weiterverbreitet.

Die grundlegende Behauptung von QAnon lautet, die Vereinigten Staaten würden von einer kriminellen und satanistischen Organisation beherrscht, der etwa die früheren Präsidenten Bill Clinton und Barack Obama sowie diverse Hollywoodstars angehören sollen. Donald Trump hingegen bekämpfe diese dunklen Mächte. Viele QAnon-Botschaften sind antisemitisch und rechtsradikal, manche Anhänger zeigen sich gewaltbereit. Nach Einschätzung der US-Bundespolizei FBI geht von der Bewegung eine Gefahr extremistischer Gewalt aus.

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Noch immer ist QAnon in den USA am stärksten. In den Vereinigten Staaten zeigen sich die Verschwörungsgläubiger häufig bei Trumps Wahlkampfveranstaltungen. Angesprochen auf die QAnon-Bewegung, weigerte sich Trump beim TV-Duell vergangene Woche, diese zu verurteilen. "Ich weiß nichts über QAnon", sagte Trump. Die Haltung der Gruppe gegen Pädophilie gefalle ihm jedoch. Im August hatte er die Anhänger von QAnon als "Menschen, die unser Land lieben" beschrieben und sich geschmeichelt gezeigt, dass sie ihn unterstützen. Trumps demokratischer Herausforderer Joe Biden hingegen nennt den Verschwörungsmythos "völlig bizarr" sowie "peinlich und gefährlich".

"Das ist eine anti-wissenschaftliche Bewegung"

Die großen Social-Media-Plattformen, die sich schon lange vor der Pandemie mit QAnon in den USA auseinandersetzen mussten, sehen sich angesichts der wachsenden Verbreitung gezwungen, restriktiver vorzugehen. Zum Beispiel ändern sie die Empfehlungsalgorithmen, die laut Experten überhaupt erst dazu beigetragen haben, die Inhalte zu verbreiten. Hunderttausende von Konten, Anzeigen und Hashtags mit Bezug zu QAnon wurden in den vergangenen Monaten auf Twitter, Facebook, Instagram, YouTube und TikTok blockiert oder eingeschränkt.

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Doch die haltlosen Botschaften zirkulieren weiterhin und werden oft auch von Prominenten weiterverbreitet. Politiker, Entertainer und Influencer sind darunter. Vielen scheint das ganze Ausmaß der bizarren Mythen von QAnon gar nicht bewusst zu sein. Vor kurzem kaperte die Bewegung den Hashtag einer Kampagne gegen Kinderhandel. Das führte dazu, dass gut meinende Influencer auf QAnon-Hashtags verwiesen und so den unhaltbaren Behauptungen über eine Elite von Kinderschändern ein noch größeres Forum verschafften.

Experten befürchten, dass QAnon dem Kampf gegen das Coronavirus ernsthaft schaden könnte, indem es mit seiner These von der Manipulation der Menschen durch Impfungen das Vertrauen in die Medizin erschüttert. "Das ist eine anti-wissenschaftliche Bewegung", sagt der US-Impfforscher Peter Hotez. "Das ist eine unglaubliche Bedrohung des Gesundheitswesens."

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